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Mai 2010
Reise-Erlebnisse der besonderen Art - Teil I
Kürzlich begleitete ich meine Frau in die Kur nach Konstanz. Am Dienstag, 27. April,
bestellten wir uns ein Taxi, luden unsere beiden Koffer ein (mein Köfferchen war
für 5 Tage noch ziemlich leicht, der große Reisekoffer meiner Frau für 5 Wochen
wog aber wohl an die 30 Kilo) und ließen uns zum Ulmer Bahnhof fahren.
Dort stehen in der Bahnhofshalle zwar 8-10 Fahrkarten-Automaten, aber nur an 3
Automaten standen geduldige Bahnkunden in längeren Schlangen. Also ging ich der Reihe
nach an einige der anderen Automaten, merkte aber bald an den belustigten Kommentaren
der Wartenden, dass diese alle außer Betrieb waren. Aber es gibt ja auch noch das
"Service-Center". Also ging ich dort hinein, kam auch recht schnell an einen freien
Schalter und kaufte das Ticket für uns.
"macht noch 2 EURO Servicegebühr."
wie das??
"nur am Automaten kostet's nichts."
aber die sind, bis auf 3, alle außer Betrieb.
"ja, so isch halt." (charmantes Lächeln).
Nun gut, das Lächeln sollte mir 2 EURO wert sein. Aber wo gibt's das sonst:
Ein Unternehmer verlangt dafür, dass er seine nicht gerade billige Dienstleistung
an den willigen Kunden bringt, noch eine zusätzliche Servicegebühr??
Wir machen uns also auf zu unserem Zug, die Gepäckbänder transportieren brav
unsere Koffer runter und wieder rauf, wir steigen ein, der Zug startet pünktlich.
In Radolfzell müssen wir umsteigen.
Der Bahnsteig dort ist viel zu niedrig, von der letzten Stufe des Waggons klafft eine
breite und tiefe Lücke zum Bahnsteig, die man mit einem riesigen Schritt überwinden
muss - für meine Frau mit ihren 4-5 Bandscheibenvorfällen ein richtiges
Problem. Wenn nur alles gut geht! Die Gelegenheit zum
Oberschenkelhalsbruch! Es geht gut. Nun zum anderen Bahnsteig. Es gibt in Radolfzell
keine Gepäckbänder! Auch keine Kofferkulis, aber den wohlmeinenden Rat eines
Ortskundigen, dass es 150 m weiter einen ebenerdigen Bahnübergang gebe.
Dort aber eine Absperrung zum Bahnsteig. Also doch runter mit den Koffern,
drüben wieder rauf - nur noch wenige Minuten bis zur Abfahrt. Als ich endlich oben bin,
rast mein Puls, mir wird fast schwarz vor Augen.
Beim Einsteigen glücklicherweise kein Problem: Der Zug nach Kreuzlingen gehört der
Schweizer Bahn.
In Konstanz angekommen, gibt es zwar Gepäckbänder, aber die laufen nicht, und das,
so wie sie aussehen, offenbar schon seit Monaten nicht mehr. Also wieder: runter
mit den Koffern, rauf mit den Koffern. Immerhin kann ich mir jetzt etwas Zeit lassen.
Der Bahnhof: eine Baustelle, die ortskundigen Fahrgäste sind längst über irgendwelche
Nebenausgänge verschwunden. Wir stehen in der Bahnhofshalle, vor uns Baugerüste
und verhängte Türen. Schießlich geleiten uns 2 Bauarbeiter durch eine Plastikplane
und tragen uns sogar den schweren Koffer über die Stufen zum Taxi.
Auf der gesamten Strecke von Ulm bis Konstanz war weder von nah noch von fern
ein einziger Mitarbeiter der Bahn zu sehen (in die Loks habe ich nicht geschaut).
Am 1. Mai fahre ich mit meiner Frau wieder zurück nach Ulm, denn am Sonntag (2. Mai)
feiert einer unserer jüngeren Enkel Erstkommunion. Mit leichtem Gepäck geht's wohl
etwas besser? Welch naiver Irrglaube.
In Konstanz stehen in der Bahnhofshalle zwar 3 oder 4 verstaubte Fahrkartenautomaten,
aber die sind alle außer Betrieb. Im Servicecenter sitzen aber 3 Mitarbeiter,
ohne Kundschaft, mißmutig (wer arbeitet schon gern am 1. Mai!). Ich frage einen,
ob es denn am Bahnsteig einen Automaten gebe.
Kopfnicken angedeutet (der Kunde will wohl nur die Servicegebühr sparen!).
Ob der auch funktioniere?
Schulterzucken.
Nun gut, wir haben ja noch Zeit, gehen zum Bahnsteig, der Automat gibt tatsächlich
ein Ticket von sich. Bald darauf fährt der Zug aus Kreuzlingen ein, dieses Mal
einer von der Deutschen Bahn. Das Einsteigen bringen wir ganz ordentlich hinter
uns, denn ein paar junge Männer auf Maiausflug stellen ihre Bierkisten ab und helfen
mit mir meiner Frau hinein. Schon gut 10 Minuten Verspätung. Dann endlich eine Durchsage:
die Abfahrt verzögere sich wegen technischer Probleme.
Weitere 10-15 Minuten tut sich nichts. Unseren Anschlusszug in Radolfzell
werden wir wohl nicht erreichen. Dann eine unverständliche Durchsage auf dem
Bahnsteig (die jungen Mai-Ausflügler stehen draußen auf ein paar Zigaretten
und klären uns auf):
auf Gleis 1 stehe ein Nahverkehrszug bereit, mit dem man auch nach Radolfzell
komme.
Also aussteigen, Treppe runter, Treppe rauf. Die Ausflügler sind schon dort
und stehen für uns noch in der Zugtür, ich dann auch. Eine barsche Stimme
im Lautsprecher:
Bitte Tür frei geben zur Abfahrt!
Also gibt's hier doch Bahnbedienstete in Konstanz, die mich sogar sehen.
Ich gebe die Tür erst frei, als meine Frau auch die Treppe hochgekommen
und eingestiegen ist. Auf die Minute kommt's jetzt nimmer an.
In Radolfzell nehmen wir den nächstbesten Zug nach Friedrichshafen, denn
von dort kommt man, wie man weiß, ziemlich regelmäßig nach Ulm.
Bahnbedienstete, die man nach Ersatzzügen fragen könnte, sind
bis Ulm wieder nicht zu finden. Verzögerung inzwischen fast 1 Stunde, aber wir haben
ja erst morgen unser Date, und wann wir heute daheim ins Bett kommen, ist
relativ egal. In Friedrichshafen geht dann gelegentlich ein Zug nach Ulm, wir
kommen mit ca. 2 Stunden Verspätung an.
Nach dem Familienfest am 2. Mai fährt unsere Tochter mit ihrem Auto meine Frau
zurück nach Konstanz zur Fortsetzung der Kur. An Pfingsten werde ich wieder
nach Konstanz fahren und mit meiner Frau im Mietwagen heim fahren (wir haben
seit 15 Jahren kein eigenes Auto mehr).
Mit der Deutschen Bahn wird sie nicht mehr reisen.
Am 5. Mai reise ich mit IC und ICE von Ulm nach Hamburg zu den Studioaufnahmen
für die "Küchenschlacht". Mein Kochfreund
Hans Steck begleitet mich; er ist in der Früh mit dem Regionalzug
aus Günzburg nach Ulm gekommen und erzählt mir, noch ganz aufgeregt, was
er soeben beim Aussteigen auf dem Ulmer Hbf erlebt hatte: vor ihm stürzte eine
ältere Frau zwischen Zug und Bahnsteig. Zu viert haben sie sie vorsichtig geborgen.
Zum Glück hatte sie nur Hautabschürfungen und sagte, sie brauche keinen
Notarzt. Von der Deutschen Bahn war auch niemand zu sehen.
Kurz hinter Stuttgart bleibt unser IC stehen. Durchsage:
Maschinenschaden.
In relativ kurzer Zeit (man hat darin bei der Deutschen Bahn augenscheinlich
schon Routine) kommt eine neue Lok, und es geht weiter.
Die Rückfahrt am 10. Mai von Hamburg nach Ulm verläuft übrigens
ohne Zwischenfälle, und ich komme sogar pünktlich an.
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